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Adventseinstimmung am 01.12.2019

 

„Advent feiern heißt warten können.
Auf die größten, tiefsten, zartesten Dinge in der Welt müssen wir warten,
da geht’s nicht im Sturm, sondern nach den göttlichen Gesetzen
des Keimens und Wachsens und Werdens.“

Dietrich Bonhoeffer

Nun stehen wir wieder an der Tür, hin zum weihnachtlichen Geschehen und warten auf das Größte im Kleinsten, auf das Starke in der Verwundbarkeit eines Kindes. Geht es Ihnen auch so? Je länger ich dieses Geheimnis betrachte, desto mehr bringt es mich ins Staunen, trägt es mich zum Wunder, zum Unsagbaren unseres Glaubens: GOTT wird Mensch. Das ist so unerhört.

Unsere Städte sind bereits weihnachtlich geschmückt und zeigen wenig vom Warten auf unseren Herrn und Heiland. Das Gegenteil: wir werden versucht, selber einzusteigen in dieses Jetzt und Sofort des Habens und verlernen dabei das Warten.

Die Lieder dieser Tage singen von froher Erwartung, von guter Hoffnung: „O Herr, wenn du kommst, hält uns nichts mehr zurück, wir laufen voll Freude den Weg auf dich zu. Dein Fest ohne Ende steht für uns bereit. O Herr, wir warten auf dich.“ (GL 233)

Wir gehen auf diese einzigartige Begegnung zu, die wir an Weihnachten feiern. Wir reden so selbstverständlich davon: Glaube ich denn, dass ER, UNSER GOTT, im Kommen ist, auch in mein eigenes, einfaches Leben? In meine Gemeinschaft?

Kenne ich es noch dieses Sehnen nach IHM, so wie der Psalmist sein Verlangen nach GOTT im Psalm 130 ins Wort bringt?

Ich hoffe auf den HERRN, es hofft meine Seele,
ich warte auf sein Wort.
Meine Seele wartet auf meinen Herrn
mehr als Wächter auf den Morgen.

  • Wie kann mein Warten in diesen Wochen des Advents aussehen?
  • Wie möchte ich diese Zeit gestalten,
    wie mein Herz bereiten für den kommenden GOTT?
  • Wo möchte ich ein klares Ja setzen, weil es mich öffnet für den Herrn,
    wo braucht es von mir vielleicht ein klares Nein, weil Dieses oder Jenes nicht dem Leben dient und mich nicht in die Nähe GOTTES bringt?
  • Wo braucht es vielleicht ein Weniger, damit ein Mehr wachsen kann auf IHN hin, der mich gerufen und erwählt hat?

Wir hörten die Worte in diesen Tagen: „Richtet Euch auf und erhebt euer Haupt, Eure Erlösung ist nahe!“

Wer so einem Ruf folgt, kann aufsehen und aufstehen und mit Vertrauen und Freude auf DEN warten, der alles zum Guten und Heiligen zu verändern vermag. „Das aufgehenden Licht aus der Höhe“ wird uns besuchen.

Unser Sehnen ist vielleicht nicht laut, es wohnt leise in unserem Herzen. Und doch wird es im Zusammenleben für Andere erfahrbar: in den einfachen Verrichtungen, in unseren Worten, in unseren Gesten und Blicken. In unserem Beten. Die Sehnsucht nach GOTT verrückt die Dinge, setzt andere Prioritäten.

Der Advent weist uns den Weg in die Stille, in die Stille der Heiligen Nacht, in der uns der Retter geboren wird. Nicht im Lärm, nicht im Grellen und Vordergründigen kommt er. Es geht nicht um alles umwälzende Taten, und doch: die Geburt eines Kindes will die große Wendung aller Dinge herbeiführen, will der ganzen Menschheit Heil und Erlösung bringen.

Das ist doch unser Verlangen: kein Hass mehr, kein Streit und keine Gewalt. Kein Machtgehabe. Keine Überheblichkeit. Neid auch nicht. Auch keine Missgunst. Keine Gegensätze, die einander bedrohen oder gar vernichten. So ist es uns verheißen:

„Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie.
Kuh und Bärin nähren sich zusammen, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, und zur Höhle der Schlange streckt das Kind seine Hand aus. Man tut nichts Böses und begeht kein Verbrechen ...“ (Jes 11,6-9)

Ein Kind vermag uns zu wandeln: unaufdringlich und zart – und doch mit der ganzen Kraft des Himmels. Denn im Kind, das wir erwarten, ist uns ein neuer Himmel und eine neue Erde verheißen, eine völlig neue Zukunft, die wir uns nicht denken können, aber wir glauben, sie wird heil sein, befreit von allem Bösen, herausgelöst aus dem Tod.

Wenige Wochen bleiben uns, den Tag dieser großen Geburt vorzubereiten.
Wie gesagt: jede von uns wird es auf ihre Weise tun. Ein kleiner Hinweis nur: ob der niederdrückenden Nachrichten ist vielleicht die wichtigste Aufgabe, neben des Stillwerdens, des Lauschens auf die Geburtswehen seiner Ankunft, die Freude nicht sterben zu lassen, die unbändige Freude, dass GOTT da sein wird, in allem, auch in dem, was wir nicht begreifen, nicht fassen können

Das göttliche Kind kann uns nicht genommen werden. Es wird alles umdrehen, wenn wir es aufnehmen.

Die Benediktinerin Silja Walter beschreibt es treffend:

„Wer sich einlässt auf das Evangelium, sich ihm zuwendet, auf es eingeht,
den dreht es um, der gerät in seine Drehung.
Es dreht ihn leicht und kräftig um, immer um,
da, wo er steht, so, wie er ist, nie lässt es ihn gehen,
Gesicht voran, wie er zu gehen gewohnt ist.
Die Bibel, die so da steht, unveränderlich,
wie eingewurzelt, unbewegt, weise und uralt,
ist eine Drehscheibe....
eine Drehscheibe, die mich umdreht,
von mir weg auf das Antlitz meines Rufers zu:
Kehrtwende um hundertachtzig Grad,
und man steht vor ihm, vor dem Gesicht Gottes,
Richtung Urgrund, Richtung Himmelreich und schon von ihm erfasst.“

Mit dem Kind werden wir in unseren Ursprung zurückgedreht, aus allem heraus, was uns entfremdet, was uns wegholt, weglockt von unserer eigenen innersten Wirklichkeit, was uns wegdreht aus dem tödlichen Klima der Selbstbehauptung. Wir werden zurückgedreht zu GOTT, wir wenden ihm nicht mehr den Rücken zu, sondern schauen ihm ins Gesicht. In seinen Augen sind wir kostbar, unter seinem Blick dürfen wir gehen und neu werden. Im Blick auf das Kind in der Krippe lernen wir neu die Liebe, diese Menschgewordene. Wir setzen auf das göttliche Kind und vertrauen auf sein rettendes Kommen.

Ob in vier Wochen alles auf Hochglanz steht, auch die Sorge, ob alle Geschenke passend sein werden, dieses Außen darf nach hinten rücken, ins Unbedeutende. Es geht um Großes: GOTT geht in diesem Kind aufs Ganze:

„Er kehrt sich immer um, er wendet sich uns zu.
Seine Wendung wendet uns,
durch sie wendet sich der Himmel der Erde,
die Erde dem Himmel zu.
Dann verstehen wir Jesu Ruf:
„Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe!“ (Silja Walter)

Lassen wir uns ein auf diese Wendung, auf die Zuwendung GOTTES, die uns das wahre Leben schenkt und alles wandelt, hinein ins göttliche Licht der Weihnacht.

Sr. M. Scholastika