Woche 3 - Wandeln

18. Tag - Dienstag, 05.06.2018

 

Alte Gewohnheiten ablegen

Nach einer erholsamen Nacht im Sportzentrum von Neubulach und einem liebevollen Frühstück starten wir als bewährte Pilgergruppe zu fünft, um die kommenden Kilometer unter die Füße zu nehmen.


Dabei nehmen wir ins Pilgergebet alle Menschen mit hinein, für die wir besonders beten:
Wir beten für Menschen, die unter dem Druck des Arbeitsalltags leiden, für die, die sich auf Prüfungen vorbereiten, für Said, den wir in Neubulach kennegelernt haben und der so dringend auf eine bezahlbare Wohnung hofft. Wir beten für Menschen, die sich nach Beziehung und Partnerschaft sehnen, für Menschen, die schwer krank sind oder sich um kranke Angehörige kümmern. Für die, die alleine sterben müssen und für die, die um Kraft und Gesundheit bitten in ihren schwierigen Aufgaben.
Wir beten für die, die sich für den Umweltschutz einsetzen und nehmen die mit auf den Weg, die darauf hoffen, wieder ins Leben und in die Gesellschaft zu finden.

Aus dem Pilgergebet begleitet uns die Frage, welche Gewohnheiten wir haben und ob sie, angelehnt an die Worte Paulus an die Römer, für uns gut und vollkommen sind.
Jede und jeder hat ja Routinen und Gewohnheiten, aber wie lebensförderlich sind sie?
Dieser Frage gehen wir auf dem ersten Wegabschnitt nach, der uns zu wildromantischen Burgruine Zavelstein führt. Bis dahin sind wir jedoch schon ziemlich viel bergauf und bergab gegangen. Ein gutes Sinnbild für die Gewohnheiten, die einen manchmal nach oben bringen, dann aber auch in die Tiefe führen können.

Unsere Mittagspause verbringen wir in Calw, da das Wetter so warm und wunderbar ist, entscheiden wir uns gegen Bifi und stattdessen für ein Eis. Ebenso ist die Lage in der Stadt nicht günstig, um dort die Messe zu feiern, stattdessen spüren wir noch einmal der Frage nach den Gewohnheiten nach.
Hier hilft uns das Gedicht von Hermann Hesse "Stufen" weiter: Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten - ja, Veränderung gehört zum Leben und immer geht es darum zu schauen, wo ich gerade stehe und was jetzt dran ist. So nehmen wir die zweite Hälfte unserer 23 Kilometer in Angriff und schreiten munter aus. Dabei hilft uns die Erkenntnis, dass wir etwas abkürzen können und gleichzeitig einige Höhenmeter sparen können. Gott ist gut!


Im Monbachtal angekommen, fragen wir uns in der Abschlussrunde, inwiefern wir heute zornig waren. Dabei kommen wir darauf, dass einige zornig werden, wenn sie, auch auf unserem Weg, sehen, dass es in Deutschland offensichtlich wieder salonfähig wird, extrem national gesinnt zu sein. Wir hören von den befremdlichen Entwicklungen in unseren Heimatstädten und von dem, was in unserem Land gerade vor sich geht und was wir mit großer Sorge betrachten.
Inge und Walburga haben in Bad Teinach gesehen, dass der Gründer der ersten Klinik von den Nazis verfolgt und seine Familie ausgerottet wurde. Das macht uns zornig, aber auch hilflos, wenn wir sehen, dass es offensichtlich heute gar nicht mehr so abwegig ist. Und es gibt das Gefühl des Zorns darüber, dass die Kirche sich nicht so schnell entwickelt, wie wir es uns wünschen. Dass es auch in unserer Gruppe Menschen gibt, die durch Entscheidungen der Kirche schwer ge- und betroffen sind.
Aber wir sind auch dankbar für all das Gute, das wir heute wieder erfahren haben, dafür, dass unsere Körper unterwegs mitgespielt haben und wir unterwegs sein konnten, dass der Weg abwechslungsreich war und dass wir alle gesund und munter in unserer wunderbaren Unterkunft angekommen sind. Grund genug, um am Ende des Tages gemeinsam die große Danksagung, Eucharistie, zu feiern, in der wir uns Bonifatius, dessen Gedenktag wir heute feiern, als Vorbild nehmen, zu unserem Glauben zu stehen und ihn zu den Menschen zu tragen.
Was für ein Tag, den wir heute erleben durften!

Morgen gehen wir mit Psalm 84,12 Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild. Der HERR schenkt Gnade und Herrlichkeit. Nicht versagt er Gutes denen, die rechtschaffen wandeln.

Sind unsere Gewohnheiten gut und vollkommen?