Woche 4 - Dranbleiben

27. Tag - Donnerstag, 14.06.2018

Wie schön du bist ...

Heute früh kehrte Walburga in die Pilgergruppe zurück, wir hießen sie herzlich Willkommen.
Wir begannen den Tag in der Kirche mit einem meditativen Halleluja-Gesang in Vorfreude auf den heutigen Tag.
Die Liebe in der Gruppe wächst von Tag zu Tag, wir können es manchmal selbst kaum fassen.

Heute nahmen wir folgende Anliegen in unser Gebet auf: unseren lieben Kaplan Michael sowie seine Mutter und seine Angehörigen, für Rupert, dass er seinen Weg findet, Albert für seine Schwester, Heinrich für seine Nichte. Wir bitten für alle, die uns um unser Gebet ersucht haben für körperliche und seelische Heilung, insbesondere für Noah (21 J.), für Ulla und für alle, die der Heilung bedürfen auf körperlicher sowie auf seelischer Ebene, auch im Anliegen von Eva für Rosa und um Heilung für alle Paare in Beziehungskrisen.
Und selbstverständlich beten wir jeden Morgen auch in unseren persönlichen Anliegen für Frieden und Versöhnung, Respekt und Würde sowie für Heilung der Natur an allen Orten dieser Welt.

Steffi machte uns aufmerksam auf die Abbildung des Alpha et Omega über dem Altar und dass dies auch mit unserem Weg zu tun hat, die Entfaltung hin zu unserem göttlichen Selbst. Gespannt machten wir uns nun auf den Weg zum „Felsenmeer“, Abbild einer mächtigen Naturgewalt. Für den ersten Impuls setzten wir uns auf die Felsen.

In ihrem Impuls wies Steffi zuerst darauf hin, dass die Felsen die Knochen von Mutter Erde sind und das Wasser, das wir unter den Felsen fließen hörten, die Blutadern von Mutter Erde - dass Mutter Erde ein lebendiger Körper ist. Mit dem ergreifenden und mit Inbrunst von Steffi gesungenen hebräischen Gesang „Leg mich wie ein Siegel an dein Herz“ aus dem Hohelied Salomos 8,6-7 begann der eigentliche Impuls.
Er führte uns zu der Frage, was ist unsere tiefste Sehnsucht, was unsere größte Liebe, und was ist in Wahrheit Leidenschaft. Die Sehnsucht kann ein Antrieb sein, weiter zu schreiten auf unserem Weg, der immer ein Weg der Liebe sein sollte. Die Leidenschaft hat nicht nur eine zerstörerische, sondern auch eine antreibende Kraft, die uns hilft dranzubleiben. Dies zeigt uns das Lebenswerk der Ordensgründerin Mutter M. Cherubine und auch das Wirken der heutigen Ordensleiterin, Schwester M. Scholastika und ihrer Mitschwestern. Die Leidenschaft, die im Hohelied ausgedrückt wird, passte sehr gut zu dem eindrücklichen Felsenmeer, das wir nun erklommen.

Erwähnenswert ist dabei unsere älteste Mitpilgerin Inge (80). Wie eine Gemse hüpfte sie die Felsen hoch, so dass die Kinder einer Schulklasse riefen „Guck mal die Alten, wie die das schaffen!“. Erstaunlich auch, dass Schwester M. Christina in diesen Hunderten von Felsblöcken plötzlich vor einem Felsen mit der Aufschrift „Liebe“ stand. Elke wiederum entdeckte in dem Wasser des Baches Goldstaub - Gold, ein Zeichen der göttlichen Ebene. Immer wieder ist Albrecht unser tapferer Kreuzträger, der zudem mit seinem liebevollen Humor ermutigt und stützt.

Weiter ging es durch blumenreiche Wald- und Wiesenwege und wir fanden zum Mittagspicknickplatz, den uns Schwester M. Christina und Agnes liebevoll bereitet hatten. Heute waren alle müde und Steffi ließ uns den zweiten Impuls liegend empfangen. Sie erläuterte uns die herrliche Bildsprache des Hoheliedes und führte so auf die Bedeutung und Kraft des Wortes hin. Wie benutzen wir unsere Worte, zerstörerisch oder aufbauend und erhebend? Auch welchen Worten schenken wir unser Ohr?
Steffi führte aus, wie die Negativität in den Worten und Gedanken einen Einfluss auf Mutter Erde nimmt, die so sehr verletzt ist. So legten wir unsere Hände auf Mutter Erde und ließen unsere Liebe zu ihr hinfließen.
Vor dem Weitergehen gaben wir uns mit einer Umarmung den Friedensgruß. Friede sei auch mit euch allen, die ihr diesen Blog lest! Wir machten uns wieder auf den Weg, der wunderschön auf schmalen Pfaden durch den Wald führte.
Gegen 17.30 Uhr erreichten wir unseren Zielort in Darmstadt – Eberstadt bei den evangelischen Marienschwestern.
Schwester M. Christina führte uns durch einen paradiesischen Klosterpark inklusive eines kleinen Sees Genezareth und Berg Tabor. In dieser idyllischen Oase hielten wir unseren Schlussimpuls.

Steffi wies noch einmal auf die Verbindung von Mutter Natur und der Gottesmutter Maria hin und gab ihrem tiefen Impuls nach, das Ave Maria zu singen. Danach würdigte sie die weibliche Kraft, durch die die Verletzungen geheilt werden können. Zur Ganzheit gelangen wir jedoch nur in einer vollkommenen Harmonie der weiblichen und männlichen Kraft in uns selbst. Im anschließenden Austausch äußerten einige von uns Wehmut, nun die Idylle der heilen Landschaft des Odenwaldes verlassen zu haben und uns den städtischen Gebieten anzunähern. Uns wurde bewusst, dass es nun gilt, die Leichtigkeit, Schönheit und Liebe mitzunehmen und an die Welt weiterzugeben. Wir wollen dranbleiben.

Gemeinsam beteten wir zum Abschluss das Vater Unser.

Beim Abendessen im italienischen Restaurant fragte die Chefin Schwester M. Christina zaghaft „Darf ich Sie berühren? Das bringt Glück.“ Christina nickte ihr zu.
Die Behutsamkeit der Berührung zeigte uns, wie berührt und fein sie innerlich war. Wir genossen den Abendspaziergang zurück zu unserer Unterkunft im paradiesischen Garten, umhüllt von Lindenduft.

Morgen gehen wir dem guten Hirten, dem kein Schaf verloren geht, weiter.

Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz.

Hohelied 8,6