Woche 1 - AUFBRECHEN

24.05.2018

Bekehrung nach vorne ...

Manches kann mit Worten und auch mit Bildern kaum eingefangen werden: das einzigartige Abendlob, das Drei von uns am Mittwochabend auf der Insel Reichenau in Niederzell mitbeten durften, die Düfte, die uns auf den langen Strecken der Wanderungen der letzten Tage intensiv entgegenwehen. Sprachlos macht uns zuweilen auch unser Miteinander, die Erfahrung von Gemeinschaft, die Geduld und die Sorgen füreinander.

Gestern mussten wir uns von Rosa verabschieden. Auf der Rückfahrt nach Berlin schrieb sie uns: „Ich entferne mich und bin dennoch nah!“ Liebe Rosa, ganz lieben Dank für den gemeinsamen Weg und Danke, dass Du uns Horst hierlässt, der mit großer Geduld mit dem Kombi auf uns wartet und unseren Proviant und unser Gepäck zur nächsten Herberge fährt. Wir suchen jeden Tag nach Orten, wo wir uns mit ihm treffen können, um miteinander zu essen und die Impulse gemeinsam auf uns wirken zu lassen.

Heute ließen wir uns mit Mose aus der eigenen Steppe hinausführen, und die Frage beschäftigte uns, wer bzw. was uns zieht und uns ausziehen lässt. Welche Kraft vermag es, uns hinauszuführen aus all dem, was nicht Leben ist? Kenne ich meine Sehnsucht?

Dabei hilft uns ein Wort von Andreas Knapp:

Bekehre dich nach vorn
von dort her kommen
arme weit dir entgegen

in ihnen geborgen
verwandelt sich
alles

Mose führt das Vieh über die Steppe hinaus und macht eine tiefe Gotteserfahrung: Dort, wo er steht, ist heiliger Boden, und wo immer wir gehen – Er ist mit uns.

Gott offenbart sich als der, der da ist und nach uns schaut. In diesem Vertrauen nehmen wir auch heute wieder Menschen mit auf den Weg und legen sie GOTT ans Herz:

- In der morgendlichen Hl. Messe in Hegne hören wir, dass Papst Franziskus das Anliegen aufnimmt, das Papst Benedikt XVI. so wichtig war, dass er 2007 den 24. Mai zum Weltgebetstag für die Kirche von China ausgerufen hat, die sich durch den Druck der staatlichen kommunistischen Partei in einer zunehmenden bedrohlichen Enge erfährt.

- Wir beten für die Rolle der Frau in der Kirche und haben dabei auch die Ordensfrauen im Blick.

- A. hat sich uns über das Internet anvertraut: er sehnt sich danach, die Güte und Liebe, die er zu seinem Umfeld mehr und mehr zu leben vermag, auch sich selbst gegenüber zu entwickeln, und S. übergibt uns ihre Freundin, die immer wieder an Menschen gerät, die sie erniedrigen und ihr die Würde rauben.

- Dann sind es wieder Menschen, denen wir auf unserem Weg begegnen:
ein Paar, das sich am vergangenen Samstag das JA-Wort gegeben hat, eine Frau, die uns mit grobem Widerstand begegnet ist. Und wir waren berührt von einem alten Mann, der seit 12 Jahren dem Europaweg von Flensburg nach Konstanz geht. Jedes Jahr wird der Endpunkt des vergangenen Jahres der Start der neuen Strecke. Er sagt uns, dass er mit leiser Wehmut an sein Ziel in Konstanz denkt: „Was dann?“ fragt er sich.

- Eine Frau stärkt unsere eigene Erfahrung: unser Lebensweg bleibt ein Pilgern …

- Und wir denken an eine Ärztin, Mutter von drei Kindern, die in diesen Tagen nach einer schweren Krankheit verstorben ist.

Diese Anliegen legten wir in der Unterkirche in Hegne auf den Altar, unter dem die selige Ulrika Nisch ruht.

Heute freuen wir uns über Heike aus Marburg, die sich entschieden hat, bis am kommenden Mittwoch als Pilgerin mit uns unterwegs zu sein. Herzlich willkommen. Und auch die Frau von Klaus Winterhalter ist seit gestern Abend dabei und pilgert mit: wie schön!

Wieder führt uns unser Weg durch eine beeindruckende Natur. Der Bodensee begleitet uns lange und taucht auch am Nachmittag plötzlich in der Ferne wieder auf.

Das Gehen durch das Naturschutzgebiet Mindelsee zeigt uns scheinbar unberührte Natur: wirklich auch heiliger Boden. Wieder säumten Orchideen und Schwertlilien unseren Weg, das Wollgras lag uns wie frischgefallener Schnee in der Riedlandschaft zu Füßen, und wie ein geöffneter Himmel zeigten sich uns auf dem Wasser strahlend schöne weiße Seerosen.

Der Weg dann von Möggingen nach Steißlingen, unsere nächste Herberge, ließ uns erneut die Schönheit und die Weite von Kornfeldern erleben, wieder ganz anders als die Schweizer Pfade… Klaus nimmt uns mit in die Zeit vor tausenden von Jahren, in denen sich dieses Gebiet gebildet hat. Kuckucksrufe begleiten uns den ganzen Tag und das unaufhörliche Zirpen der Grillen.

Angekommen in Steißlingen begrüßt uns der fröhliche Wirt: „Der Mensch braucht einen Antrieb!“, und will uns auf eine Erfrischung hinweisen. Weiß er, dass er unser Tagesthema zusammengefasst hat?

Auch hier belohnt uns ein herrlicher Blick: unsere „Herberge“ liegt an einem Teich, am Rande eines Naturschutzgebietes! Schwester M. Gertrud, Du hast uns wunderbare Ziele ausgesucht: Danke!

Am Freitag begleiten uns Impulse zu „Mit dem Lieben und dem Leiden“ und Worte aus dem Johannesevangelium werden uns mitgegeben sein

 

 

... über die Steppe hinaus ...

Exodus 3,1b